Keine Angst, ich möchte mit diesem aus dem „Kommunistischen Manifest“ entliehenen und etwas provokanten Titel nicht zur Weltrevolution aufrufen. Ich möchte aber den Wert einer noch besser abgestimmten Gemeinschaft im Bereich der Bioenergie betonen. Die Bioenergie umfasst bekanntlich ein breit gefächertes Themenspektrum und verbindet viele verschiedene Menschen und Wirtschaftszweige. Leider liegen Biogas, Biokraftstoffe und die holzartige Biomasse in ihren Anwendungsbereichen teilweise so weit auseinander, dass das Bewusstsein für die gemeinsamen bioenergetischen Wurzeln etwas verloren gegangen ist. Für eine langfristig erfolgreiche Entwicklung der Bioenergiebranche ist aber eine starke und gemeinsame Stimme der Bioenergie-Akteure nicht nur nützlich sondern aktuell sogar notwendig.
Bioenergie-Gemeinschaft: Dezentral Ja – aber trotzdem gemeinsam!
Besonders in unserer informationslastigen Medienwelt ist eine gemeinsame Stimme wichtig, wenn man eine Idee in der Öffentlichkeit präsentieren, stärken und notfalls auch verteidigen möchte. Ich weiß, das gefällt nicht jedem und auch ich finde die zahlreichen Informationskanäle gelegentlich ziemlich anstrengend. Noch anstrengender finde ich allerdings die aktuell sehr emotional geführten Debatten, welche die Bioenergie als einseitiges Übel darstellen.
- „Die Bioenergie ist für die Vernichtung von Regenwäldern verantwortlich.“
- „Die Bioenergie sorgt für die Preisexplosion bei Nahrungsmitteln und schürt Hungerkatastrophen“
- „Bioenergie beschleunigt den Klimawandel anstatt ihn zu bremsen.“
- „Bioenergie sorgt für die Abnahme der Artenvielfalt“
- Etc.
Solche und ähnliche Headlines begegnen einem in regelmäßigen Abständen in den verschiedensten Medien. Und glauben Sie mir, diese Diskussionen werden nicht nur von einigen überschwänglichen Umweltaktivisten geführt, sondern bilden aktuell einen der Hauptströme in der öffentlich geführten Bioenergie-Debatte.
Ich glaube mittlerweile hat es jeder verstanden – oder? Bioenergie ist nicht nur ein wunderbarer Traum von einer heilen Welt, sondern hat natürlich auch Risiken. Das dürfte mittlerweile jeder mitbekommen haben. Der Spielplatz der Energiewirtschaft ist eben nicht Disneyland auf dem rosa Luftballons verteilt werden. Das ist schade, aber es ist so. Trotzdem ist die aktuell geführte Debatte an einem sehr destruktiven, fast schon hysterischen Punkt angelangt. Das stört mich und ist wenig hilfreich um die aktuellen Probleme konstruktiv zu lösen. Die Bioenergie hat auch viele Vorteile, an welche man in einigen Veröffentlichungen aber leider gar nicht mehr erinnert wird.
Soweit hätte es nicht kommen müssen, wenn die Vertreter der Bioenergiebranche besser vernetzt wären und somit rechtzeitig und angemessen mit einer gemeinsamen Stimme (!) auf einige Vorwürfe hätten reagieren können. Die Bioenergiebranche ist häufig noch zu zersplittert und denkt zu stark in verschiedenen Interessenlagern. Finde ich zumindest. Das ist auch verständlich wenn man bedenkt, wie unterschiedlich gasförmige, flüssige und feste Bioenergieträger teilweise sind.
Wenn es aber so weit kommen sollte, dass die Bioenergie auf Grund von stark übertriebenen Fehlinformationen gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert wird, dann gehen Biogas, Biokraftstoffe und feste Biomasse wahrscheinlich gemeinsam unter oder werden zumindest an Bedeutung verlieren. Zwar beziehen sich viele der angeführten Kritikpunkte im Moment noch auf die Biokraftstoffe der ersten Generation, aber der Imageverlust für alle Bioenergieträger ist nicht zu übersehen.
Seit ihrer Entstehung ist die Bioenergie vor allem eine dezentrale Energieform, was sie glaube ich auch so anziehend und erfolgreich gemacht hat. Aber wenn sich diese dezentral agierenden Bioenergie-Enthusiasten nicht stärker verbinden und in den Medien gemeinsam auftreten, wird es diese stark subventionierte und politisch geförderte Energieform mittelfristig sehr schwer haben. Das Warten auf Peak-Oil ergibt hier wenig Sinn.
Die Debatte um ILUC (siehe Artikel ILUC) und somit auch die Zukunft der Biokraftstoffe wird in den höchsten Gremien der Europäischen Union und in renommierten wissenschaftlichen Instituten weltweit geführt. Wir müssen den gesellschaftlichen Konsens zur Bioenergie, aber auch unsere Verantwortung als aktive Bioenergie-Akteure und Befürworter ernst nehmen.
Angriff ist die beste Verteidigung?!
Dieser Artikel verwendet leider schon bewusst militärische Begriffe, die ich in anderen Artikel nicht verwenden würde. Wer den Biomasse Blog regelmäßig liest (z.B. den Newsletter des Blogs), der weiß auch, dass ich sonst eher harmonische und sanfte Töne anstimme. Das ist mir persönlich einfach wichtiger. Aber es gibt auch Momente, in denen man für seinen Glauben und seine Träume etwas stärker, beziehungsweise aggressiver einstehen muss. Und der positive Glauben an die Bioenergie wird zumindest in den großen Medien kaum noch vertreten, wodurch der Traum, den viele Bioenergie-Ethusiasten teilen, leider stark zu leiden hat. Die Negativschlagzeilen dominieren die öffentliche Debatte. Zumindest ist das meine Wahrnehmung.
Die alte Weisheit „Bad news are good news“ gilt für die meisten Schlagzeilen und leider auch für das aktuelle Nachrichtenspektrum zur Bioenergie. Das Berichten über Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme für Biomasse, Fortschritte bei der Einführung von Biokraftstoffen der 2. Generation oder der verspäteten Einführung von E10 sind leider nicht so spannend wie Berichte über gerodete Regenwälder in exotischen Ländern.
Regenwaldabholzung will sicher kaum jemand, aber Biokraftstoffe sind allen mir bekannten, seriösen Quellen zu Folge bei weitem nicht die Hauptschuldigen für diese traurigen Fehlentwicklung! Zu glauben, dass die übertriebene Verdammung von Biokraftstoffen die Welt zu einem besseren Ort macht, ist zwar legitim, aber letztlich genauso naiv und einseitig wie der Glaube, dass Biokraftstoffe gar keine Probleme hätten.
Zumindest das berufliche Leben von vielen Bioenergie-Enthusiasten ist auch eng mit der Weiterentwicklung der Bioenergiebranche verbunden. Wir müssen viel stärker für die positiven Potentiale der Bioenergie eintreten, wenn wir möchten, dass die bunte Familie der Bioenergie ein wichtiger Bestandteil im Energiemix von Morgen sein wird! Auch wenn das aktuelle Sorgenkind vor allem die Biokraftstoffe der ersten Generation sind, so berühren die geführten Debatten auch das Biogas (und Bioerdgas) sowie die holzartige Biomasse.
Erste Anzeichen für eine stärkere Online-Vernetzung der Bioenergie-Gemeinschaft
Der letzte Abschnitt war etwas dunkel und leider auch moralisierend. Ich wollte dieses Thema aber unbedingt mal ansprechen, weil es mich in den letzten Wochen sehr bewegt hat. Immerhin soll der Blog ja auch eine persönliche Perspektiveauf die Bioenergiebranche bieten.
Glücklicherweise gibt es aber auch sehr positive Entwicklungen in Bezug auf die öffentliche Debatte zur Bioenergie.
So gibt es erfreuliche Anzeichen für einen stärkeren gemeinsamen Auftritt der Bioenergie-Gemeinschaft im Internet. Die Möglichkeiten des Internets sind vorhanden und wir sollten diese auch nutzen! Neben Risiken und Ängsten die häufig mit diesem schwer greifbaren Kommunikations-Medium verbunden werden, bietet das Internet eben auch viele Chancen und Potentiale um sich vergleichsweise einfach zu verbinden und abzustimmen.
In den letzten Monaten lässt sich eine sehr schöne Entwicklung erkennen, für die ich als Blogger sehr dankbar bin. Viele der großen Institute und Verbände der Biomassebranche in Deutschland (DBFZ, FNR, Fachverband Biogas, Biogasrat, VDB, BDBe etc.) beteiligen sich zunehmend an der Online-Debatte zur Bioenergie. Es sind lauter und lebhafter werdende Stimmen verschiedenster Bioenergie-Akteure im Internet zu hören. Spannende Gespräche zu Biogas und Biokraftstoffen in einer übers Internet diskutierenden „Bewegung“.
Außerdem werden gehaltenen Vorträge und Präsentationen kostenfrei für ein breites Fachpublikum bereitgestellt, wodurch eine intensive Auseinandersetzung mit vorhandenen Erkenntnissen möglich wird. Dabei werden zunehmend auch die aktuellsten Ereignisse sehr zeitnah veröffentlicht, wofür die Veröffentlichung der FNR zum Energiepflanzen-Symposium ein schönes Beispiel ist.
Hier zum Beispiel eine Auflistung von Verbänden und Instituten aus der Bioenergie-Gemeinschaft die mittlerweile bei Twitter vertreten sind. Gleichzeitig finden Sie die Namen der einzelnen Vertreter mit denen diese ihre Tweets (Kurznachrichten) versenden.
- Bundesverband der Deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) | @BDBeBerlin
- Biogasrat e.V. | @Biogasrat
- Bundesverband Erneuerbarer Energien (BEE) | @bEEmerkenswert
- Deutscher Bauernverband | @Bauern_Verband
- Deutsches BiomasseForschungsZentrum (DBFZ) | @DBFZ_de
- European Association for the Renewable Ethanol Industry | @ePURE_ethanol
- Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) | @FNR_de
- Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) | @OVIDverband
- Verband der Deutschen Biokraftstoffwirtschaft (VDB) | @Biokraftstoff
Ich bin ebenfalls bei Twitter vertreten und sie finden mich unter dem Twitter-Account @BiomassMuse
Die Diskussionen entwickeln aber auch bei LinkedIn, Xing oder Facebook ihre eigenen Perspektiven auf die Bioenergie. Als nächster Schritt wäre eine stärkere öffentliche Interaktion miteinander wichtig, um zu zeigen, dass beispielsweise Biokraftstoffe und Biogas auch für ihre gemeinsamen Wurzeln eintreten, wenn es drauf ankommt. Die vorhandene Verbindung von gasförmiger, flüssiger und fester Bioenergie ist vielen Energieverbrauchern nämlich gar nicht präsent.
ReTweeten Sie die Nachrichten von verwandten Bioenergie-Akteuren, leiten sie nützliche Informationen oder Nachrichten von Kollegen weiter. Ergänzen Sie die harte Arbeit hinter den Kulissen mit einem starken Eintritt für die Bioenergie vor den „Augen der Öffentlichkeit“. Zeigen Sie, dass die Erzeugung und Nutzung von Bioenergie nicht nur aus dunklen Bildern besteht, sondern auch viele helle Farben bereit hält und vielen Menschen, Regionen und Ländern eine sehr schöne Perspektive bietet.
Stärkere mediale Vernetzung der Bioenergie-Befürworter ist wichtig!
Hoffentlich deutlich erkennbar, möchte ich hier nicht zu einer „Weltrevolution“ aufrufen, sondern aktiv die Bildung einer stärkeren GEMEINSAMEN Präsenz der verschiedenen Bioenergie-Gestalter unterstützen und dazu auffordern die notwendige kritische Debatte zur Bioenergie GEMEINSAM durchzustehen und konstruktiv zu lösen. Ein sicherlich sehr offener Appell, der auch viel darüber aussagt, wer der Mensch hinter dem Bioenergie Blogger ist.
Gerade im Bereich der Bioenergie geht es nicht nur um neue Verfahrenstechniken und innovative Anbausysteme, sondern es geht auch um die Idee aktiv zum Klimaschutz beizutragen und eine Gesellschaft post-oil vorzubereiten. Die Bioenergie gehört zu den Erneuerbaren Energien und sollte das damit verbundene Engagement auch etwas selbstbewusster zeigen dürfen. Themen wie die Fortschritte der Nachhaltigkeitszertifizierung oder die intensiven Anstrengungen zur Einführung der Bioenergie der zweiten und dritten Generation sind bemerkenswerte Entwicklungen und habe ich für fossile Energieträger (abgesehen von CCS) bisher so nicht beobachten können.
Aktuell ist es so, dass man sich mit der Befürwortung der Bioenergie in einigen Diskussionsforen fast schon schämen muss. Klimaschutz und Umweltschutz werden auf diese Weise gegeneinander ausgespielt und eine wirkliche Vorbereitung auf eine Welt ohne Öl wird verhindert.
Beteiligen Sie sich an der Bioenergie-Debatte!
Warum ist eine reichhaltige Online-Debatte zur Bioenergie sehr wichtig? Hier einige Anregungen:
- Informationen in Echtzeit helfen dabei rechtzeitig und angemessen auf Kritik reagieren zu können. So kann viel Zeit und Kraft für konstruktive Diskussionen zur Beseitigung der aktuellen Probleme gewonnen werden, anstatt immer gleich in eine Verteidigungsposition gedrückt zu werden.
- Schaffung eines Gegenpols zu den Argumenten der undifferenzierten Kritiker der Bioenergie. Denn häufig setzt sich nicht die Seite durch, die am selbstkritischsten überlegt, sondern einfach die Seite die am lautesten und provokantesten schreit.
- Die Online-Debatte ist ein wichtiger Beitrag um politische Entscheidungsträger zu erreichen und über bestimmte Missverständnissen zu Biomasse zu berichten oder zumindest auch Positivbeispiele zu berichten. Berichten Sie beispielsweise über die Initiative für Erdgasmobilität, welche auch das Bioerdgas als klimafreundlichen Biokraftstoff unterstützt.
- Das Aufstehen gegen teilweise sehr ungerechtfertigte und undifferenzierte Kritik ist wichtig. Ich möchte aber betonen! Nicht alle Kritik ist ungerechtfertigt und einige Aspekte beim Anbau der Energiepflanzen und ihrer Verarbeitung müssen weiter entwickelt werden. Es gibt aber auch viele Diskussionen (z.B. ILUC oder ansteigende Nahrungsmittelpreise wegen Biokraftstoffen etc.), die nicht auf so einseitige und dramatische Weise geführt werden dürfen.
- Nicht zuletzt macht der Austausch mit anderen Bioenergie-Enthusiasten weltweit Spaß und bringt einen auf neue Ideen. Außerdem kostet es kein Geld sondern nur etwas Zeit, welche aber beispielsweise bei 15 min pro Tag sicher gut investiert ist.
Sind Sie ebenfalls bei Twitter aktiv und interessieren sich für die Bioenergie oder Sie sind sogar in einem ihrer Zweige tätig, dann folgen (#ff) Sie doch den der obengenannten Bioenergie-Vertretern. Das kann ich zumindest wärmstens empfehlen.
Sie können Ihren Twitternamen auch in einem Kommentar nennen und Gleichgesinnte ermuntern mit Ihnen in Kontakt zu treten.
Nehmen Sie an der Debatte „Pro-Bioenergie“ teil und nutzen Sie Ihre Stimme! Berichten Sie, dass Bioenergie zwar Risiken mit sich bringt, was aber bei jedem Energiesystem der Fall ist. Bioenergie ist nicht per se schlecht, sondern wird häufig auch einfach schlecht geredet. Steuern Sie gegen und werden Sie aktiv!
Sehr schönes Plädoyer! Mit an Bord: @agroblogger_de
dabei! @cofactor_de
Gute Initiative, bin auch dabei! @EU_Daniel
Danke für Euer Engagement und das Ihr den Fluss der Bioenergie auch im virtuellen Netz unterstützt! Das ist immerhin das Wesen der Energie, sie muss fließen…
Herzliche Grüße nach Lage und nach Stuttgart.