Heute möchte ich mit dem Fahrstuhl weit nach unten in die mikroskopische Welt auf Zellebene fahren. Aus dieser Perspektive kann man wichtige Zusammenhänge des Biogasprozesses, der Biokraftstoff-Herstellung und Produktion von Biomaterialien an der biochemischen Basis betrachten. Auf Grund ihrer fundamentalen Lage bieten die dort stattfindenden Prozesse ein wichtiges Potential für alle Zweige der Biomasse-Nutzung.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten den Ablauf des Biogasprozesses oder die Herstellung von Biokraftstoffen zu optimieren. Ein Ansatz liegt in der verbesserten Aufbereitung der organischen Substanz, um diese anschließend leichter und vollständiger Verarbeiten zu können. Hierbei sind vor allem der Aufschluss und die Homogenisierung der Biomasse nützlich. Dadurch wird die Zugänglichkeit und Oberfläche der organischen Substanz vergrößert.
Die Struktur der Zellwände von Pflanzen ist bei biotechnologischen Anwendungsmöglichkeiten häufig besonders störend. Sie besteht aus sehr stabilen, ringförmigen Makromolekülen, weshalb sie schwer aufzubrechen ist. In gewisser Hinsicht bildet sie den molekularen Stützapparat der Zelle, welcher als wichtige physiologische Voraussetzung gilt, weshalb Pflanzen sich zu großen Organismen wie Bäumen entwickeln und entgegen der wirkenden Kräfte in die Höhe wachsen können.
Es gibt verschiedene Varianten die Zellwandstrukturen, hauptsächlich Lignin- und Zellulose-Anteile, aufzubrechen und es wird mit Ultraschall, Strom oder hohen Temperaturen und Drücken gearbeitet. Von dem am Brookhaven National Laboratory (USA) tätigen Chan-Jun Liu wird an einer biochemischen Möglichkeit gearbeitet, die hartnäckigen Ligninanteile mit Hilfe von biosynthetischen Methoden zu beeinflussen. Damit greift er an der Basis direkt in die Pflanzenphysiologie ein und setzt schon bei der Entstehung des langkettigen Lignins an. Er verändert (erweitert) die am Aufbauprozess tätigen Enzyme in der Form, dass sie in der Lage sind, an der passenden Stelle der Lignin-Vorstufe anzudocken und ihren weiteren Aufbau zu begrenzen.
An welcher Stelle der Synthese am günstigsten angesetzt wird, dafür haben die Wissenschaftler einen intuitiven Erfahrungsschatz aufgebaut. Diese Art der Vorbehandlung und biochemischen Raffinerie-Verfahren sind für die praktische Anwendung und Weiterentwicklung von Biokraftstoffen und Biogasprozessen sehr interessant. Die Flächenerträge und Wirkungsgrade von bioenergetischen Anlagen können deutlich verbessert werden.
Es stellen sich bei den Verfahren der Enzymtechnologie, die für die grüne Gentechnik gehört, aber auch moralische Fragen. Wie weit darf man in die Architektur einer Pflanze eingreifen (siehe Genmais von Monsanto), um einen Nutzen für die Gesellschaft zu erzielen? Welche Risiken ist man bereit einzugehen und wo zieht man Grenzen? Es gibt berechtigte Sorgen, aber auch übertriebene Ängste, die sich um diese magische und manchmal etwas unheimliche Wissenschaft ranken. Je größer die Möglichkeiten und verbundenen Hoffnungen, desto größer meist auch die mitschwingenden Sorgen und Risiken.
Die Möglichkeiten der Proteinsynthese sind auch innerhalb der Agrarwissenschaften vielfältig und für die Entwicklung der energetischen und stofflichen Nutzung von Biomasse sehr vielversprechend. Welche genaue Position man zu den einzelnen Anwendungsmöglichkeiten einnimmt, können genauso zahlreich sein, wie die Methoden selbst.
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