Es stellt sich die Frage, wie ernst wir die Energiewende im Verkehrsbereich nehmen, wenn wir nicht einmal die im aktuellen Koalitionsvertrag zugesicherte Verlängerung der Steuervergünstigung für Bioreinkraftstoffe umgesetzt bekommen?! Und das obwohl sich die Produktions- und Nutzungsbedingungen für Biokraftstoffe in den vergangenen Jahren sogar noch weiter verschärft, bzw. verbessert haben (Nachhaltigkeitszertifizierung, Biodiesel der nächsten Generation). Wenn Biokraftstoffe keinen Steuervorteil für ihre Berücksichtigung externer Kosten (Klimaschutz) erhalten, dann sollten sie im Gegenzug auch keine wirtschaftlich belastenden Auflagen zur Nachhaltigkeit (Klimabilanz) erfüllen müssen. Das wäre dann nur konsequent oder zumindest fair gegenüber den fossilen Kraftstoffen. Es bringt aktuell leider wenig, sich über die ungerechte Behandlung von Biokraftstoffen aufzuregen und hoffentlich findet der Biodieselreinkraftstoff seinen Weg zurück an die Tankstellen in Deutschland.
Der folgende Text ist eine Mitteilung des Verbands der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) vom 10.01.2013.
Reiner Biodiesel (B100) und reines Pflanzenöl sind mit dem Ende des Jahres 2012 vom Kraftstoffmarkt verschwunden, da die bisher für sie bestehende Steuererleichterung seit dem 1.1.2013 nicht mehr gilt. Die Energiesteuer auf einen Liter reinen Biodiesel und Pflanzenöl ist seit dem Jahreswechsel von rund 18 Cent auf 45 Cent gestiegen. Beide Kraftstoffe werden in der Folge deutlich teurer als fossiler Diesel und sind am Markt nicht mehr wettbewerbsfähig. Damit steht eine wichtige Alternative zu fossilen Kraftstoffen dem Verbraucher nicht mehr zur Verfügung, und die Preisgestaltung für Diesel bleibt ausschließlich der Mineralölwirtschaft überlassen. „Es ist unverständlich, weshalb die Bundesregierung einerseits hohe Kraftstoffpreise beklagt, andererseits aber durch ihre Politik die einzigen Wettbewerber von fossilem Diesel aus dem Markt drängt. Dadurch schützt die Bundesregierung internationale Ölkonzerne vor Produkten der heimischen, mittelständischen Industrie“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Die Wiederbelebung des Marktes für Reinkraftstoffe ist zwar im Koalitionsvertrag verankert, die Bundesregierung hat gleichwohl keine Maßnahmen ergriffen, um ihr Versprechen einzulösen und den völligen Kollaps des Marktes zu verhindern. Die jetzt erhobene Energiesteuer von 45 Cent pro Liter Biodiesel entspricht in ihrer Höhe der Besteuerung von fossilem Diesel.
Schon in den vergangenen Jahren ist der Markt für B100 aufgrund einer steigenden Besteuerung stark geschrumpft. Während im Jahr 2006 rund 1,9 Millionen Tonnen B100 in Deutschland abgesetzt wurden, sind im Jahr 2012 nur noch etwa 100.000 Tonnen in den Markt gekommen. Firmenpleiten waren die Folge. Im Jahr 2007 hatte Biodiesel einen Anteil von etwa zwölf Prozent am deutschen Dieselmarkt. B100 wurde insbesondere von Speditionsunternehmen getankt. Daneben konnten Verbraucher an rund 1.900 Tankstellen bundesweit reinen Biodiesel tanken. Auch reines Pflanzenöl spielte insbesondere in der Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Beide Produkte wurden in regionalen Kreisläufen hergestellt und verwendet, was die Wertschöpfung hierzulande stärkte. „Mit dem Ende des B100-Marktes gibt es beim Dieselkraftstoff kein Preiskorrektiv mehr. Deutschland setzt damit wieder verstärkt auf Importe von fossilem Diesel und Erdöl – nicht zuletzt aus Staaten, die andere Vorstellungen von Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Demokratie haben als wir“, sagte Baumann.
Für die deutschen Produzenten von Biodiesel bleibt jetzt nur noch die Möglichkeit, ihre Produkte an Mineralölkonzerne zu verkaufen, die sie fossilem Diesel zu bis zu sieben Prozent beimischen. Der Wettbewerbsdruck durch einen mittelständischen Markt für B100 hat damit aufgehört zu existieren.