Neulich habe ich mit einem Engländer gesprochen und er meinte irgendwann während unseres Gesprächs zu mir „das Retten der Welt überlassen wird lieber den Deutschen“. Er hat es mit einem Schmunzeln gesagt, aber es hat mich trotzdem überrascht.
Treffen sich ein Engländer und ein Deutscher
Jedenfalls fand ich das sehr interessant und ich hab ihn gefragt, wie er das genau meine. Daraufhin sagte er, dass er beobachtet habe, dass die Deutschen bei vielen Dingen die sie tun schnell in ganz großen Dimensionen denken. Also während die Briten nach seiner Erfahrung meist ziemlich straight und ökonomisch denken und einfach ein gutes Business zum Laufen bringen wollen, da trifft man bei „den Deutschen“ oft schon auf weltverbessernde Grundgedanken.
Also ich kann nicht abstreiten, dass mich die Motivation, ein Stück weit die Welt zu verbessern oder zumindest zu verändern schon ab und an antreibt. Das ist sicher ziemlich idealistisch, manchmal etwas dämlich, vielleicht sogar eine Spur überheblich, aber es kann an kalten Wintertagen dabei helfen, trotzdem mit Freude an die Arbeit zu gehen.
Aber hier geht es ja nicht in erster Linie um kulturelle Unterschiede, sondern um die Biomasse-Nutzung. Wenn ich mich jetzt mal als klischeehaften Deutschen betrachte (der ständig die Welt retten möchte), dann hat mir die vor kurzem getätigte Aussage von unserer Landwirtschaftsministerin auf Bundesebene Ilse Aigner einen Konflikt offenbart. So hat sie vor internationalen Vertretern für Landwirtschaft aus 75 Ländern angekündigt, dass „die Landwirtschaft zwischen zwei extremen Herausforderungen stehe“. Der Konflikt für die Landwirtschaft und Biomasse-Nutzung liegt zwischen den Auswirkungen des Klimawandels und dem Wunsch einer vollständigen Welternährung.
Biomasseproduktion und Klimawandel
Zu beiden Themen kann und wird die Landwirtschaft beitragen. Jedoch ist das Feld sehr komplex und es gibt viele Möglichkeiten und Strategien die gegangen werden können. Diese sind nicht immer gegensätzlich, aber selten auf einer Linie. Einige Überlegungen die mittelfristig bedacht werden müssen, möchte ich im Folgenden kurz nennen:
- Wieviel Ackerfläche wird für Nahrungsmittel und wieviel für Energiepflanzen (zur Strom und Wärmeproduktion) zur Verfügung gestellt? Hier gilt es die Nachhaltigkeits-Trias zwischen wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Entwicklung vernünftig anzuwenden. Biokraftstoffe helfen einigen Ländern dabei sich wirtschaftlich und sozial besser entwickeln zu können.
- Mit welchen Methoden soll Biomasse produziert werden? Legt man Wert auf maximale Produktion inklusive aller Hilfmittel oder eher nachhaltige Entwicklung? Welche Gentechnik möchte man zulassen, welche Düngemittel und welche Möglichkeiten zur Schädlingsbekämpfung kann man vertreten? Einige Stickstoffdünger tragen, in großen Mengen ausgebracht, zur Produktion von Distickstoffmonoxid (Lachgas) bei, welches ca. 300 mal so klimaschädlich wie das Treibhausgas CO2 ist. Die Chancen und Risiken der intensiver Landwirtschaft habe ich auch in einem eigene Artikel betrachtet.
Einige Fragen, über die sich eine Gesellschaft Gedanken machen sollte, damit die Akzeptanz und Zielstrebigkeit der politischen Entscheidung auch auf staatenübergeeifender Ebene vertreten werden kann. Wichtig ist zu differenzieren und die verschiedenen Vor- und Nachteile im konkreten Fall abzuwägen und nicht pauschal über Themen mit großem Potential wie z.B. Biokraftstoffe zu urteilen. Die Wahrheit (welch großes Wort) oder optimale Lösung liegt wie bei allen anderen Dingen oft in der Mitte. Das ist manchmal langweilig, aber Nachhaltigkeit ist ja auch keine französische Revolution, sondern eine langfristige und evolutive Idee – zumindest für mich. Obwohl ich zugeben muss, dass man für den Klimawandel auch deutlich revolutionärer eintreten kann.
2. Berliner Agrarministergipfel
Auf dem 2. Berliner Agrarministergipfel, der innerhalb des Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) am 16. Januar 2010 stattfindet, wird Ilse Aigner mit den vertretenen Landwirtschaftsministern über die Problematik und Strategien zur Verbesserung der Welternährung und dem Beitrag zum Klimawandel beraten.
Vielleicht ist das zum Abschluss auch eine typisch deutsche Anschauung, aber ich sehe den Klimawandel (neben allen Problemen die er uns bringen wird) auch als Chance, für eine noch bessere internationale Zusammenarbeit. Denn meistens gehen Dinge dann am besten zusammen, wenn sie notwendig sind!