Konflikte beim Einspeisen von Bioerdgas ins Erdgasnetz

Was unternimmt man als geschäftstüchtiger Hersteller eines Produkts, wenn der Produktions- und der Verwendungsort nicht identisch sind? In der Regel wird man nach günstigen Möglichkeiten suchen, seine Ware dorthin zu transportieren, wo eine möglichst hohe Nachfrage nach ihr herrscht und ein guter Preis erzielt werden kann. Und was bedeutet das für den Verkauf von Biogas? Dass man es an einen Ort verkauft, an dem bei der Verbrennung sowohl die Strom-, als auch die Wärmepotentiale optimal genutzt werden können.

Zu Biomethan aufbereitetes Biogas bietet die Möglichkeit, dass es auf der einen Seite ohne große energetische Verluste transportiert werden kann und außerdem mit der Einspeisung ins Erdgasnetz der Rückgriff auf eine schon bestehende Infrastruktur möglich ist. Um einen lückenlosen Zugang zum Netz zu bekommen, müssen einfach gesagt vor allem 3 technische Dinge realisiert werden:

  • Bau einer Verbindungsleitung von der Biogasanlage zum nächstmöglichen Schnittpunkt mit der entsprechenden Erdgasleitung
  • Errichtung eines Einspeisepunktes in die bestehende Leitung
  • Anpassung der Eigenschaften des Biomethans an die Verhältnisse in der entsprechenden Erdgasleitung (Druck, Gaszusammensetzung, Temperatur)

Ein erfahrenes Planungsteam wird durch diese notwendigen Schritte vor keine unlösbaren Aufgaben gestellt und die Rahmenbedingungen des Vorgangs werden von der GasnetzzugangsVerordnung geregelt. In der Theorie gibt es also keine größeren Probleme. Aber der Teufel steckt ja bekanntlich im Detail und ganz so einfach ist die Biomethaneinspeisung dann leider doch nicht.


Konflikte beim Netzanschlussvertrag für Biomethan

Ein gutes Beispiel für das vorhandene Konfliktpotential in der Praxis habe ich in der aktuellen Ausgabe des Magazins „Neue Energie“ gelesen. In dieser wird vom Landwirt Horst Seide aus Lüchow Dannenberg berichtet, bei dem bei der Realisierung des Netzanschlusses und der folgenden Einspeisung seines Biomethans größere Probleme mit dem Netzbetreiber Eon Avacon auftraten.

Hauptstreitpunkt war in diesem Fall die Beschaffenheit des Netzanschlussvertrags der zwischen beiden Parteien bestand. So entsprach den Angaben der Eon Avacon GmbH zur Folge der Wassergehalt des aufbereiteten Biogases nicht den Eigenschaften des schon in der Leitung fließenden Erdgases oder war nicht mit diesem kompatibel, was zu Abnahmeproblemen für das gelieferte Biomethan führte.

Die Konflikte konnten schließlich nur vor Gericht von der Bundesnetzagentur geklärt werden, wobei Herr Seide im Urteilsspruch in Bezug auf die technischen Fragen Recht bekam und der bestehende Netzanschlussvertrag angepaßt werden mußte.

Fazit zu den Problemen bei der Netzeinspeisung von Biomethan

Über die tieferen Hintergründe dieses Konflikts kann man viel spekulieren und angefangen von einfachen Mißverständnissen bei der Umsetzung und Kommunikation, über bestehende unterschiedliche betriebswirtschaftliche Interessen bis hin zu nicht vereinbarbaren Ideologien der Vertragsparteien ist sicherlich vieles vorstellbar. An das in erster Linie Kleinhalten der Biogastechnologie durch die Erdgasindustrie und die Netzbetreiber glaube ich jedoch nicht.

Sicher wird es Fälle geben, bei denen in der Erdgasindustrie Beschäftigte die Biogasbranche als zukünftigen Konkurrenten fürchten, welcher dem Erdgas Marktanteile abnehmen könnte. Auf der anderen Seite haben beide Branchen mit ihrem Fokus auf den Energieträger Gas letztlich ähnliche Wurzeln, was eine mittelfristige Partnerschaft in ausgewählten Bereichen, hauptsächlich technologisch und politisch, naheliegender macht.

Wirtschaftliche Wettkämpfe zwischen Unternehmen der beiden Branchen sind notwendig, aber irrationale Verschwörungstheorien zwischen fossilen und regenerativen Energiequellen sind zwar fantasievoll, aber in meinen Augen nicht sehr hilfreich. Und das sich beim Umsetzen von Verträgen mit Präzedenz-Charakter, wie im vorliegenden Fall zwischen  Landwirt Seide und Netzbetreiber Eon Avacon, beide Vertragsparteien so stark wie möglich absichern wollen, um nicht mit Risiken konfrontiert zu werden welche die bestehenden Geschäfte gefährden können, halte ich für vernünftig.

Ich gratuliere jedenfalls beiden Parteien zu ihrer Pionierarbeit auf dem Gebiet der Biomethaneinspeisung und hoffe, dass für die Zukunft einiges aus diesem Fall gelernt wurde. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass ein gut ausgearbeitetes Erneuerbares-Gas-Einspeisegesetz allen Beteiligten zu Gute kommen könnte.

Einen weiteren Artikel über Chancen und Hemmnisse bei der Einspeisung von Biomethan finden sie hier

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